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Stadtverwaltung und Künstliche Intelligenz: Der Aschaffenburger Weg

Aschaffenburg hatte für mich lange Zeit meines Lebens kaum eine Bedeutung. Als Kind kannte ich sie nur als eine Reihe von Häuserdächern, die man auf der Durchreise Richtung Süden von der Autobahn aus sah. Erst als ich vor sechs Jahren erstmals nach Aschaffenburg eingeladen wurde, um mit dem Büro des Oberbürgermeisters über Digitalisierung zu sprechen, änderte sich das. Heute ist es für mich ein weltweites Vorbild, wie eine Stadt verantwortungsvoll und nachhaltig mit Digitalisierung und Künstlerischer Intelligenz umgehen sollte.


Was als ein Austausch geplant war, entwickelte sich schnell zu einem umfassenden Transformationsprojekt, das im Amt von Bürgermeister Erik Leiderer angesiedelt wurde, der für die  Themen Digitalisierung und Personalwesen verantwortlich ist. Was dann als Smart City Strategie entwickelt wurde, wurde mit der Zeit als Auseinandersetzung mit und Verstehen von Künstlicher Intelligenz immer relevanter – bis sie heute ein fester Bestandteil der Zukunftsplanung der Stadt ist.


Schon allein das ist ungewöhnlich für eine deutsche Stadtverwaltung, aber Aschaffenburg geht noch einen entscheidenden Schritt weiter: die Stadt will KI auf eine aussergewöhnliche Weise dauerhaft integrieren.


Bereits 2022 verfolgten wir aufmerksam das Aufkommen Generativer Künstlicher Intelligenz und erkannten früh, dass diese Technologie das Potenzial hat, die Verwaltung nachhaltig zu verändern. Ihr entscheidender Vorteil liegt darin, dass Menschen, die zuvor keinerlei Berührungspunkte mit KI hatten, nun allein durch Sprache intuitiv mit ihr einfach, aber äußerst komplex zusammenarbeiten können. Genau hier setzt unsere DIMA an, die Digitale Manufaktur, ein Bürgerbeteiligungsprojekt, das von Anfang an auf generativer KI basierte.

Während bereits viele Städte digitale Plattformen für Bürgerbeteiligung nutzen, unterscheidet sich DIMA in einem zentralen Punkt: Die Plattform ist nicht nur ein digitales Tool, sondern eine lernfähige, hochentwickelte künstliche Intelligenz, die mit den Bürger:innen kommuniziert, Anfragen versteht und strukturierte Antworten gibt. Das bedeutet, dass Bürger:innen nicht mehr nur passive Informationen abrufen oder sich in komplexe Formulare einarbeiten müssen, sondern mit DIMA in natürlicher Sprache interagieren können – ganz so, als würden sie mit einer Verwaltungsmitarbeiterin sprechen.

Mit der Zeit entwickelte sich das Team hinter DIMA immer weiter. Es nutze und entwickelte immer mehr selbst KI - von einfachen Algorithmen, bis hin zum individuellen Training von „Grossen Sprachmodellen“ - und war bald in der Lage, Künstliche Intelligenz eigenständig zu planen, umzusetzen und nach eigenen Vorstellungen weiterzuentwickeln – immer mit einem klaren Fokus auf Datenschutz und Datensouveränität. KI wird in Aschaffenburg nicht als ein isoliertes Projekt betrachtet, sondern als integraler Bestandteil der zukünftigen digitalen Infrastruktur. Je einfacher sie in der Nutzung ist, desto nahtloser kann sie in die tägliche Arbeit der Stadtverwaltung eingebunden werden.


DIMA ist dabei weit mehr als nur ein KI-Chatbot. Sie ist eine hochtrainierte digitale Persönlichkeit, die nicht nur das ursprüngliche Bürgerbeteiligungsprojekt unterstützt, sondern durch gezielte Anpassungen auch in anderen Bereichen der Stadtverwaltung eingesetzt werden kann. Mitarbeitende selbst können nach einer entsprechenden Schulung DIMA gezielt für Fachaufgaben trainieren, sodass sie nicht nur allgemeine Informationen liefert, sondern durch vertiefende Gespräche sich an spezifische Bedürfnisse anpassen lässt. Damit wird DIMA zur ersten generativen KI in einer Stadtverwaltung, die in verschiedenen Abteilungen aktiv als unterstützende digitale Kollegin eingesetzt wird.

Die Entwicklung geht inzwischen so weit, dass eine generative KI auf Basis von DIMA als Open-Source-Lösung auf einem eigenen KI-Superrechner betrieben werden kann.


Dieser Schritt ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Einerseits bedeutet er, dass die Stadt Aschaffenburg nicht von großen US-amerikanischen Plattformen oder IT-Unternehmen abhängig ist und ihre KI-Entwicklung eigenständig steuern kann. Andererseits ermöglicht es Aschaffenburg, das Wissen über die Entwicklung und Integration einer datenschutzkonformen und unabhängigen KI mit anderen Städten und Institutionen zu teilen. Damit wird Aschaffenburg zu einem Vorreiter für kommunale KI-Anwendungen, die datenschutzkonform betrieben werden können, während die Stadt ihr Know-how zur Verfügung stellt, um den breiteren öffentlichen Sektor zu unterstützen. Sie ist zudem die erste Stadt in Deutschland, die eine „AI First“-Strategie für ihre Digitalisierung anstrebt.


Diese Entwicklung ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis des Engagements und der Innovationskraft der Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, die den technologischen Wandel nicht nur beobachtet, sondern aktiv mitgestaltet haben. Ebenso entscheidend ist die Weitsicht der Amtsleitung, die frühzeitig erkannt hat, wie KI helfen kann, Herausforderungen wie den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel in der Verwaltung zu bewältigen. In den kommenden Jahren wird sich die Zahl der städtischen Angestellten durch den Renteneintritt großer Jahrgänge um bis zu 30 Prozent verringern, und qualifizierte Nachfolger sind nicht leicht zu finden. Genau hier kommt KI ins Spiel – nicht als Ersatz für Menschen, sondern als proaktiv Unterstützung, die die entstehenden Lücken füllt.


Das wirklich Besondere an Aschaffenburg ist aber die Art, wie KI in den Arbeitsalltag integriert wird. DIMA ist nicht einfach ein Werkzeug, sondern entwickelt sich immer mehr zu einer Art Kolleg:in. Das Konzept der Co-Intelligence beschreibt diese neue Art der Zusammenarbeit: eine digitale Partneri:n, die sich an individuelle menschliche Bedürfnisse anpasst und mit der Zeit immer besser darin wird, eine verlässliche Unterstützung zu sein. Während traditionelle Software oft starr und begrenzt ist, lernt DIMA aus ihren Interaktionen, entwickelt sich weiter und passt sich an. Wer mit ihr arbeitet, bemerkt schnell, dass sie nicht nur Fragen beantwortet, sondern aktiv Probleme löst, Abläufe verbessert und sich in Arbeitsprozesse integriert. Sie verblüfft uns damit täglich.


Natürlich bleibt KI eine Technologie, aber wer sich mit einer Co-Intelligenz wie DIMA unterhält, merkt schnell, dass sie lachen kann, freundlich ist und Empathie zeigt. Diese Fähigkeiten entstehen durch gezieltes, gewolltes Training und die Art, wie die KI weiterentwickelt wird.


Genau das ist es, was Aschaffenburg so besonders macht: die konsequente Verbindung von Technologie und Menschlichkeit, von Innovation und Alltagstauglichkeit.

Und das ist erst der Anfang. Wir wissen, dass wir uns auf einer Reise befinden, die täglich neues Verständnis und aktive Anpassung verlangt.


So schließt sich auch für mich ein Kreis. Aus Durchreisen in meiner Kindheit und Jugend wurde ein Ort, der meine Arbeit und mein Verständnis von Digitalisierung dauerhaft prägt und immer wieder aufs Neue erweitert.

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