Dialog City Aschaffenburg – Ein Modell für verantwortungsvolle städtische Digitalisierung
- Frank Tentler
- 3. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Apr.

Digitale Kompetenz und verantwortungsvoller Umgang mit KI kommt nicht von alleine. Sie sind der Lohn einer guten Strategie, Offenheit gegenüber Neuerungen und einer gehörigen Portion Mut. Als Beispiel möchte ich euch den Prozess, den die Stadt Aschaffenburg nunmehr seit fast 7 Jahren durchläuft, genauer darstellen.
Was für mich wirklich ungewöhnlich ist?
Das die Verantwortlichen um Digital-Bürgermeister Eric Leiderer und das ganze Digital-Team seit Jahren mit Engagement, Neugierde und Erfolg daran arbeiten, die Stadt digital zukunftsfähig zumachen, und dabei sich permanent mit wichtigen neuen Entwicklungen und Innovationen auseinandersetzen, um nicht in einer digitalen Sackgasse zu landen.
Das, so meine Erfahrung aus der Zusammenarbeit in den letzten Jahern, schaffen sie vorbildlich.
Menschliche Werte als Grundlage digitaler Transformation
Wie kann eine Stadtgemeinschaft den digitalen Wandel gestalten, ohne ihre soziale Identität zu verlieren? Diese Frage stellte sich die Stadt Aschaffenburg bereits frühzeitig. Schon 2018 initiierte die Kommune daher einen umfassenden Bürgerdialog, um eine digitale Zukunft zu entwerfen, in der Technologie dem Menschen dient und nicht umgekehrt.
Ein klares Leitbild als Fundament
Aus diesem Dialog ging 2019 das Digitalisierungsleitbild des Aschaffenburger Stadtrates hervor. Kernpunkt dieses Leitbildes ist die Überzeugung, dass digitale Innovationen nicht Selbstzweck sein dürfen, sondern immer darauf abzielen müssen, die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Gleichzeitig wird betont, dass aktive Bürgerbeteiligung essenziell ist. „Digital und analog im Dialog“ wurde dabei zum prägenden Motto, das das Konzept der Dialog City zusammenfasst.
Praktische Umsetzung: Digitalladen und Online-Plattform
Aschaffenburg beließ es nicht bei theoretischen Strategien, sondern setzte seine Vision konkret um. Im Stadtzentrum wurde 2021 der „Digitalladen“ eröffnet – ein offener Raum, der es allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, sich ungezwungen mit neuen Technologien vertraut zu machen, Fragen zu stellen und eigene Ideen für die digitale Stadtentwicklung einzubringen. Ergänzend entstand eine Online-Beteiligungsplattform, die rund um die Uhr zur Verfügung steht und auf diese Weise die digitale Teilhabe für alle zugänglich macht.
Transformation der Stadtverwaltung
Neben der Digitalisierung der Stadt und ihrer Handlungsbereiche befindet sich auch die Stadtverwaltung selbst in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess. Zusammen mit der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) werden bislang getrennte Verwaltungsbereiche vernetzt. So sollen z. B. Stadtplaner, IT-Fachkräfte, Kulturschaffende und Verwaltungsmitarbeiter kooperative gemeinsam an neuen Lösungen arbeiten. Obwohl dieser bitternötige Wandel - alleine die Verrentung von einem grossen Teil der Mitarbeitenden bis 2030 und der aktuelle Fachkräftemangel sei in diesem Zusammenhang erwähnt - zu einem aktiven Stadtverwaltungs-Team anspruchsvoll ist, ist dieser organisatorische Wandel auch entscheidend für eine nachhaltige und effektive Digitalisierung und der professionellen Arbeit einer Stadtverwaltung.
Von der lokalen Idee zum europäischen Modell
Der Erfolg des Dialog-City-Ansatzes hat sich mittlerweile überregional herumgesprochen. 2022 initiierte Aschaffenburg federführend das EU-Projekt „Dialog City EU“ mit sechs weiteren europäischen Städten. Ziel des Projektes ist es, digitale Technologien mit kulturellen und historischen Elementen zu verbinden, etwa durch hybride Kulturfestivals oder ein länderübergreifendes digitales Bürgerarchiv. Das Ziel dahinter: Digitalisierung soll soziale Integration fördern und Gemeinschaft stärken.
Verantwortungsvoller Einsatz von KI: Die Digitale Manufaktur (DIMA)
Ein besonders bedeutendes Projekt im Rahmen der Dialog City ist die „Digitale Manufaktur“ (DIMA). DIMA nutzt Künstliche Intelligenz (KI), um Bürgerideen digital zu sammeln und aufzubereiten, sodass diese Ideen effektiv in konkrete Projekte umgesetzt werden können. Wichtig dabei: KI fungiert lediglich als unterstützende Instanz – die endgültige Entscheidung bleibt immer beim Menschen. Die Einführung von DIMA wirkt sich positiv auf die Nachhaltigkeit und Effizienz der Verwaltung aus, indem Prozesse optimiert und Ressourcen eingespart werden. Die gesammelten Erfahrungen dienen zugleich als Orientierung für zukünftige KI-Projekte innerhalb der Stadtverwaltung und prägen ethische und technische Standards im Umgang mit KI. Aschaffenburg verfolgt eine klare Haltung gegenüber KI: Sie muss gemeinwohlorientiert, datenschutzkonform, transparent und nachvollziehbar sein sowie ökologische und soziale Verantwortung berücksichtigen. Ein erstes DIMA-Modellprojekt – eine intelligente Fahrradladestation – demonstriert eindrucksvoll, wie KI im kommunalen Kontext sinnvoll eingesetzt werden kann. Im Sommer 2025 wird die DIMA im Rahmen des „Dialog City Festivals“ öffentlich vorgestellt. Ebenso punktete DIMA auch bei ihrer Vorstellung beim Bayerischen Staatsministerium für Digitales mit ihrer Kompetenz und ihrem Charme, als auch bei dem Landesbauftragten für Datenschutz des Landes Bayern mit ihrem Datenschutz-Ansatz. Parallel entwickelt die Stadtverwaltung bereits die technischen und rechtlichen Grundlagen, um die Erfahrungen langfristig in einer eigenen Open-Source-KI-Lösung zu bündeln.
Nachhaltigkeit als digitales Leitprinzip
Der Nachhaltigkeitsgedanke ist zentraler Bestandteil der digitalen Transformation in Aschaffenburg. Die Stadt verfolgt bewusst digitale Lösungen, die eine zukunftsfähige, ökologisch verantwortliche Stadtgesellschaft fördern. Projekte wie das „Smart City Dashboard“, das Echtzeitdaten für eine nachhaltigere Stadtplanung liefert, oder offene Datenprojekte unterstreichen diesen nachhaltigen Anspruch.
Aschaffenburg als Vorbild für verantwortungsvolle Digitalisierung
Inzwischen gilt Aschaffenburg als ein Musterbeispiel dafür, wie Digitalisierung partizipativ, nachhaltig und gemeinwohlorientiert angegangen werden kann. Die Stärke der Dialog City liegt nicht in der bloßen Anzahl eingesetzter Technologien und Projekte - bisher wurden über 20 umfangreiche Digitalisierungsprojekte und weit über einhundert digitale Bürgerservices erfolgreich umgesetzt -, sondern vielmehr in der Qualität des Dialogs zwischen Bürgerschaft, Verwaltung und Politik. Aschaffenburg zeigt auf überzeugende Weise, dass Digitalisierung dann erfolgreich ist, wenn sie stets die Bedürfnisse und Werte der Menschen ins Zentrum stellt.
Mehr Informationen dazu: https://digital.aschaffenburg.de/
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